Fall Bellon: Hinweise auf natürliche Todesursache

Der Tod des baskischen politischen Gefangenen Arkaitz Bellon könnte plötzlich und aufgrund natürlicher Ursachen eingetreten sein. Nach zwei Autopsien schließen die Ärzte eine äußerlich nachweisbare Fremdeinwirkung als Todesursache aus. Spaniens Premier Mariano Rajoy (PP) nutzt den Todesfall, um der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass er seine Politik gegenüber den baskischen Gefangenen nicht ändern werde.

Plakat: Arkaitz - Wir erinnern uns an Dich(berriak-news/Ingo Niebel) Der 36jährige Bellon wurde am Mittwoch tot in seiner Zelle im südspanischen Gefängnis Puerto de Santa María aufgefunden. Da er als gesund und sehr sportlich galt, überraschte sein Tod Angehörige wie Mitgefangene gleichermaßen. Letztere teilten in Telefonaten mit der Familie von Bellon und im Gespräch mit den eigenen Anwälten mit, dass ein baskischer Mitgefangener, der die Einzelzelle neben der des Verstorbenen belegte, keine verdächtigen Geräusche während des Todeszeitpunktes gehört habe. Die Gefängnisleitung erlaubte den acht politischen Gefangenen, die den Trakt mit Bellon teilten, sich einzeln von dem Toten zu verabschieden. Das berichtete das Nachrichtenportal der baskischen Tageszeitung Gara, naiz.info, am Freitagmittag. Noch ist nicht klar, wann der Leichnam zur Beerdigung freigegeben wird. Im Baskenland ist es üblich, das Verstorbene innerhalb von 24, spätestens 48 Stunden beerdigt werden.

Nach einer ersten vorsichtigen Einschätzung vermutet die Gefangenenhilfsorganisation Etxerat (Heimwärts), dass der Aktivist eines plötzlichen Todes gestorben sein könnte, da sich bisher keine Hinweise auf eine äußerliche Fremdeinwirkung finden lassen. In ihrer Pressemitteilung mahnt sie aber an, auf die Ergebnisse der diversen Laboruntersuchungen zu warten. Diese werden erst in einigen Tagen vorliegen.

Nach Ansicht von Etxerat haben die Haftumstände, den Tod von Arkaitz Bellon mit herbeigeführt. Die Organisation erinnert, dass der politisch aktive Baske im Polizeigewahrsam gefoltert wurde. Während seiner 13jährigen Haftzeit kam es viermal zu körperlichen Misshandlungen durch Vollzugsbeamte. Darüber hinaus leben die 519 politischen Gefangenen in einem permanenten Stresszustand, der einerseits durch das Gefängnisleben bedingt ist. Andererseits durch die Tatsache, dass wie im Fall Bellon die Familie 1000 km zurücklegen muss, um ihn besuchen zu können, obwohl nach spanischem Recht der Häftling heimatnah inhaftiert sein müsste. Außerdem verweist Etxerat darauf, dass auch Bellon seine Haftzeit vollständig absitzen musste und nicht vorzeitig freikam. Die Freilassung war für den Mai terminiert.

In diesem Zusammenhang verweist Etxerat auf die Willkür, mit der Staat, Justiz und Gefängnisverwaltung die baskischen Gefangenen behandeln: Bellon musste für 13 Jahre ins Gefängnis, weil er einen Bankautomaten und zwei leere Linienbusse abgefackelt haben soll. Dabei kam niemand zu Schaden. Der Ex-General der Zivilgarde, Enrique Rodríguez Galindo, wurde u.a. wegen Entführung, Folter und Mord an zwei Basken zu 75 Jahren Gefängnis verurteilt. Davon verbrachte er nur vier in Haft und befeindet sich seitdem auf freiem Fuss, obwohl er mit seinen diversen Revisionsanträgen gescheitert ist.

Spaniens Premier Mariano Rajoy (PP) verkündete am Donnerstag, dass er nicht daran denke, die bisherige Gefangenenpolitik zu ändern. Zuerst müsse die Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) sich auflösen und entwaffnen. Der Postfranquist führte laut der rechtskonservativen Tageszeitung ABC aus, seine Haltung sei kein Ausdruck von Halsstarrigkeit, sondern Anti-Terror-Experten hätten ihm dazu geraten: Nur so behielte er ein Druckmittel gegenüber der ETA.

Tatsächlich versucht er so, die vielfach extrem rechten Verbände von ETA-Opfern an seine Volkspartei zu binden, nachdem die ganz Rechten bereits die Mitgliedschaft quittiert und die neue Partei Vox gegründet haben. Die Grundtenor dieser Strömung lautet, die ETA habe sich aufzulösen und ihre Gefangenen müssten ihre Strafen bis zum letzten Tag absitzen. Das hieße für viele ETA-Mitglieder bis zu 40 Jahre Knast.

Im Baskenland gibt es mittlerweile einen parteiübergreifenden Konsens im nationalbaskischen Lager, aber nicht bei den gesamtspanischen Parteien, dass die Gefangenenfrage gelöst werden muss. Das Thema wird auf der Tagesordnung bleiben. Jetzt mehr denn je.

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